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Historische Betrachtungen zur einstigen DDR-Fluggesellschaft INTERFLUG

last updated:
23.09.2016


Revision 3.0
Martin Weiler Teil 7

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Zugangskontrollsystem, Schrankenanlagen  ab 1990, Arbeitsende 1997

Die erhöhten Sicherheitsanforderungen und die aus Kostengründen notwendige Optimierung von Wachpersonal, machten den Einsatz von unbemannten Zugängen an bestimmten Stellen des Flughafens erforderlich.
Hierfür wurden die bekannten Drehkreuze, wie sie überall zum Ein- oder Auslass von Personen genutzt werden, eingesetzt. Dazu kamen noch die Schrankenanlagen auf mehreren Parkplätzen.

Die Personenkontrolle erfolgte mittels Magnetkarten, deren Berechtigung in einem Zentralrechner ( Leitstelle Sicherheit ) kontrolliert und dokumentiert wurde.
Eigentlich eine ganz normale und allseits bekannte Technik, die überall klaglos funktioniert - zu meinem Leidwesen, aber offensichtlich nur nicht auf dem Flughafen Schönefeld.
Es häuften sich die Fehlmeldungen über nicht funktionierende Magnetkarten und die damit verbundenen Probleme, die die Mitarbeiter beim erfolglosen Versuch damit hatten, das Drehkreuz oder die Schrankenanlage zu  überzeugen, dass sie eigentlich nur zur Arbeit oder nach Hause wollten.

Speziell bei schlechtem Wetter waren dann die Kommentare bei meinen Reparaturversuchen nicht gerade freundlich.

Auf der anderen Seite war nun aber der Sicherheitschef bestrebt, alle Ausfallzeiten der Zugangsanlage zu minimieren, er musste ja immer Kontrollposten abstellen.
Wenn dann noch die Vorgesetzten mit solchen Sprüchen kommen : wenn ich zur Bank gehe, habe ich mit der Magnetkarte keine Probleme ! , Wird der Stress noch grösser.
Besonders häufig traten diese Störungen auf , wenn die Flugzeugbesatzungen zum Dienst kamen oder nach Hause wollten.
Für uns eigentlich unerklärlich, da die Magnetkarten, am Kontrollgerät in der Werkstatt, offensichtlich in Ordnung war.

Wir haben die Karten versuchsweise an starken Magneten vorbeigezogen und schliesslich auch in der Mikrowelle " gegrillt " - alles ohne wesentliche Beeinträchtigungen der Funktion.
Bis es eines Tages der Zufall wollte, dass ein Kollege sein Handy in der Nähe des Drehkreuzes benutzte und siehe da, die Kontrolleinrichtung erkannte wiederum mehrere Karten nicht.

Damit war die Hauptursache erkannt, der Hersteller schirmte die Kontrolleinrichtung gegen die Handy-Strahlung ab und das Problem war grösstenteils gelöst.
Durch die Umstellung der Magnetkartentechnik auf ein anderes System, war dieses Grundübel zwar beseitigt, aber nun kam hinzu, dass die automatischen Kartenleser, die die Karte mittels Motor einzogen, störanfällig waren.
Speziell bei kühler und feuchter Witterung versagte die Technik. Durch den Einbau einer temperaturgesteuerten Zusatzheizung, konnte die Fehlerquote dann beträchtlich gesenkt werden.
Andererseits war die Arbeit mit der Zugangskontrolle, aber auch eine sehr interessante Aufgabe, da man in nicht alltägliche Flughafenbereiche, Einblick hatte.

Zum Beispiel mussten im Catering-Bereich, Kartenleser eingebaut werden.
Dabei ergab sich folgende Begebenheit:

Der Monteur der Servicefirma hatte die Zugangstür geschlossen und wir standen in Erwartung der Türöffnung mit Karte, hinter dieser.
Dazu noch die Catering-Mitarbeiter, die gerade ein Flugzeug bestücken wollten.
Aus irgendeinem Grund hatte der Kartenleser aber keine Meinung zu funktionieren und so blieb die Tür geschlossen.
Alle wurden leicht nervös, da die Zeit drängte und der Leser auch nach mehreren Versuchen nicht funktionierte.
Endlich kam ein Mitarbeiter auf die Idee, den Fluchthebel der Tür zu bedienen. Damit wurde zwar ein Alarm ausgelöst, aber die Maschine konnte noch rechtzeitig mit dem Essen versorgt werden.
Wir haben dann einen Notschalter ( mit Alarmmeldung in der Zentrale ) installiert, um etwaige weitere Pannen zu überbrücken.

Zusätzlich musste ich in einer Blitzaktion für einen bestimmten Mitarbeiterkreis, einen personengebundenen 4-stelligen Code erstellen.
Damit war neben dem Einlesen der Karte, als zusätzliche Sicherheit, ein Tastenfeld zu bedienen.
Dazu bekam ich Zugriff auf die Festplatte des Rechners, konnte die Daten der Mitarbeiter auslesen, um den erstellten Code zuzuordnen.
Mit einem modifiziertem Excel-Programm ( Zufallszahlengenerator ), habe ich dann die notwendigen Code erzeugt und die Liste der Sicherheitsabteilung übergeben.
Das diese Aktion zum Teil in Heimarbeit erfolgte, habe ich vorsichtshalber verschwiegen.
Eine Horrorvorstellung für den Datenschutzbeauftragten.

Natürlich trat ein paar Wochen später ein Defekt am Rechner auf und ich
hatte Mühe nachzuweisen, dass meine Aktion damit nichts zu tun hatte.

Eie sehr interessante Arbeit, aber auch stressig, da ich immer zwischen 2 Vorgesetzten stand.
Einmal dem Sicherheitschef, in dessen Leitzentrale der Rechner für die Zugangskontrolle installiert war. Sein Bereich war aber auch für die Verwaltung und Ausgabe der Karten zuständig.
Zum anderen meinen Vorgesetzten, die nur wenig Geld zur Verfügung hatten.
Ersatzteile waren dadurch kaum vorhanden.
Für die Reparatur der Technik war eigentlich eine Servicefirma zuständig, aber auf Grund deren Arbeitskräftesituation, kaum in der Lage, diese häufigen Störungen schnell zu beseitigen.

Eigeninitiativen, wie zu DDR-Zeiten üblich und wirkungsvoll, waren von meinen Vorgesetzten total unerwünscht.

Einmal habe ich mit meinem eigenen PKW ein Ersatzteil besorgt, um eine schnelle Reparatur zu gewährleisten -- der Servicetechniker war wieder mal nicht verfügbar -– und konnte anschliessend zum Rapport antreten.
Man machte mir unmissverständlich klar, dass für die Reparatur und den Service ausschliesslich die Service-Firma zuständig sei.
Eine Beschaffung in eigener Regie sei nicht im Sinne der Marktwirtschaft und ich sollte auf keinen Fall an eine Wiederholung denken. Eventuelle persönliche Konsequenzen wären nicht ausgeschlossen.

Das sah der Sicherheitschef natürlich ganz anders, denn er musste für die Dauer der Störung an der Zugangsanlage, einen Kontrollposten abstellen.
Also kam auch von dieser Seite Druck.
 
Dazu kam jetzt der sich häufende Papierkrieg ( mindestens 3 Ausschreibungen für jeweils neue Technik – Auswahl und Einschätzung der möglichen Lieferfirmen, die Auftragserteilung und Abrechnung und....und... ).
Da blieb für die reine Facharbeit wenig Zeit, aber anliegende Störungen mussten weiterhin in guter Qualität bearbeitet werden.

Da ich auf Grund der Personalausstattung ( mir standen nur 2 Kollegen zur Verfügung ), vieles selbst bearbeiten musste, war mächtig Stress angesagt. Zum anderen hatten die Vorgesetzten andere Vorstellungen von der Arbeitsweise von einem Ingenieur ( Sitzen am Schreibtisch und Arbeitsaufträge verteilen ), was in dieser Situation kaum möglich war.
Die Krawattenpflicht konnte ich in der normalen Arbeitzeit umgehen – lediglich für den Empfang von Fremdfirmen und bei deren Besprechungen, hatte ich den Strick im Tischkasten liegen.

Zum anderen waren die zu lösenden Aufgaben und Störungen nicht einfach zu negieren oder auf die lange Bank zu schieben.
Störungen an den Rechnern der Gepäckförderanlagen, den Zugangskontrolleinrichtungen, Automatiktüren, Schrankenanlagen und USV-Anlagen, erforderten immer eine schnelle Beseitigung und da konnte man nicht auf irgendwann eintreffende, externe Techniker warten.

Durch die Vielzahl der Anlagen ergaben sich speziell an Wochenenden und Feiertagen aber immer wieder Situationen, wo der Service-Techniker nicht erreichbar bzw. zu anderen Firmen unterwegs war und wir selber vor Ort versuchen mussten, die Störung zu beseitigen.

Wobei die Störungsbeseitigung dann die eine Seite war, die man noch mit Elan ausführte - der anschliessende Papierkrieg ( es mussten die Arbeitsstunden, Stunden bei verschiedenen Abteilungen in Form von Aufträgen begründet und verrechnet werden ), weniger schön

Nun wurden aus welchen Gründen auch immer, älteren Kollegen angeboten, im Rahmen einer guten Abfindung, vorzeitig aus dem Betrieb auszuscheiden.
Kam für mich natürlich nicht in Frage , da ich mich noch immer mit dem Flughafen verbunden fühlte und ein Leben ohne Arbeit kaum vorstellen konnte.

Einen Anstoss zum Umdenken, ergab aber folgende Situation:

Eine Firma wollte eine Präsentation ihrer Technik vorstellen, wobei auch einen Datenübertragung simuliert werden sollte. Die notwendigen Leitungen hatten unsere Fernmelder bereits geschaltet und geprüft.
Ich bot der Firma an, am Vortag ihre Technik zu installieren, um eventuelle Probleme auszuschliessen. Diese war aber so überzeugt von ihrer Technik, dass sie auf das Angebot nicht einging.
Es kam, wie es kommen musste :
Zum Überfluss musste ich selbst noch eine wichtige Störung beseitigen ( meine beiden Kollegen waren nicht verfügbar ) und kam 10 Minuten zu spät zur Präsentation, deren Leitung man mir übertragen hatte.
Eine Entschuldigung wurde zwar akzeptiert, aber mein Bereichsleiter meinte vor dem versammelten Gremium, ich sollte meine Tätigkeit doch besser organisieren.
Eine Erwiderung habe ich mir verkniffen.

Dann kam die praktische Vorführung - ging natürlich schief, da die Firmen-Modems nicht zueinander fanden.
Ich konnte dann kurzfristig unsere Fernmelde-Techniker mit ihrer Technik einsetzen, um die Vorführung doch noch zu retten.
Die nachfolgende Auswertung mit meinen Vorgesetzten, war dann auch nicht gerade dazu angetan, meine Stimmung zu heben.

Eine personelle Aufstockung und Erweiterung der Werkstattkapazität war nicht in Aussicht, um die immer mehr zunehmende Technik instand zu halten. Zum anderen hatten wir als gelernte DDR-Bürger, den Ergeiz, alles dafür zu tun, um den sicheren Abfertigungsbetrieb aufrecht zuhalten.
Das sich das mit den vorhandenen Arbeitskräften nur unter starken persönlichen Einschränkungen kaum realisieren liess, habe ich leider viel zu spät erkannt.
Leider fehlte mir auch das berühmte „Dicke Fell“, um alles mit einer gewissen Gelassenheit anzugehen. 
Zum anderen musste ich immer wieder als Prellbock für beide Leiter herhalten und das wirkte sich dann doch auf meinen Gesundheitszustand, negativ aus.

Da auch meine Familie und der Hausarzt der Meinung war, das man lieber auf das relativ gute Einkommen verzichten sollte, um die Lebensqualität zu erhalten und ein guter Nachfolger bereit stand, habe ich mich 1997 dann doch entschieden, den Betrieb zu verlassen.

Nach 40 Jahren ununterbrochener und nicht unerfolgreicher Tätigkeit zum Nutzen des Betriebes kann man sich dieses ja erlauben oder ?

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